Katholisches Gesangbuch

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KG geerdet   

Das Kirchengesangbuch hat es mit dem Leben zu tun. Dies von einem Buch zu sagen, in dem es immer wieder um «ein Leben in Fülle» (Joh 10,10) geht, scheint selbstverständlich zu sein. Für viele hebt diese Sprache aber bereits vom konkreten Leben ab: Sie erinnert an das ewige Leben, an Sakramente, an Zukünftiges, an wenig Fassbares. Der «lebenstheologischen Ansatz» meint hingegen gerade das, was in unserer Lebensgeschichte zwischen Gott und uns geschieht. Wir werden geboren, suchen uns im Leben zu recht und sterben irgendwann. In unserm Suchen nach Sinn, nach Antworten auf Schicksalsschläge, im Scheitern, im Hoffen und Lieben bleibt immer ein ungelöster Rest. Er lässt uns spüren, dass das menschliche Leben sich selber nicht genügt. Dieses Gespür, das in jedem Lebensalter wieder anders hochkommt, macht uns offen für religiöse Antworten. Die Antwort des Christentums geschieht ganz am Anfang des Lebens: In der Taufe. Dort sagt uns Gott: Du bist gehalten, dein Leben läuft nicht ins Leere, ich bin immer bei dir, du wirst leben über den Tod hinaus.

Diese Grundaussage, dass Gott uns treu bleibt, durchzieht wie ein roter Faden das ganze Buch (196mal ist von der Taufe die Rede). Und immer wird sie wieder geerdet, ins konkrete Leben eingebunden. Lieder erinnern daran, dass das Reich Gottes jetzt anbrechen muss und nicht nur eine Vertröstung aufs Jenseits sein darf (KG 444). Sie mahnen zu mitgeschöpflichem Verhalten (KG 583), klagen selbstherrlichen Raubbau an (KG 578), freuen sich an unserer schönen Erde (KG 581, 582) und machen sich das franziskanische Erbe im Sonnengesang (KG 72, 587.3) zueigen. Auf der «Suche nach Gerechtigkeit und Friede» mischen sich in Liedern und Gebeten Engagement, Klage, Bekenntnis und Ermutigung zum Handeln. In einer Welt von Flüchtlingen und Vertriebenen ist die Rede von Beheimatung (KG 594) und Solidarität mit den Armen (KG 598, 601. Unser Handeln in der Welt und die Verantwortung für das Leben durchziehen alle Bereiche des Buches, so etwa in den  Liedern KG 68, 149, 377, 511, 595 wie auch in vielen Gebeten. Die Register im Anhang des Buches führen durch diese vielgestaltige Landschaft.

Eine Erdung erfährt der Gottesdienst auch durch die vielen Mitgestaltungsmöglichkeiten, zu der das KG einlädt und mit konkreten Modellen ermuntert. Das Subjekt der Feier ist die Gemeinde selber. Dazu wird sie sensibilisiert in liturgischen Einleitungen, die ihre Rolle im Vollzug der Feier beschreiben und das Verständnis der Riten vertiefen. Der vermehrte Miteinbezug aller Feiernden versteht sich nicht als gönnerhafte Zugeständnisse. Dies folgt aus der Würde des Gottesvolkes, das sich als «priesterliches Geschlecht» (1 Petr 2,9) versteht. Im Zurufen und Akklamieren, im Hören und Antworten, im dialogischen Austausch zwischen Gemeinde und den übrigen Rollenträgern treten die Dynamik des priesterlichen Auftrags des Gottesvolks zeichenhaft in Erscheinung. Und immer wieder geht es in diesem Austausch zwischen Gott und Mensch um das Thema «Leben», um das angeschlagene, erdige Leben und um die Vision eines Lebens in Fülle. Das KG vermittelt dazu eine Sprache, Töne, Bilder, Feiern, Ermutigung und Hilfen. Freilich, um sich dafür zu interessieren, muss man lebenshungrig sein, denn Satte haben andere Fragen.

Walter Wiesli  




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