Katholisches Gesangbuch

Wortgottesdienst im KG   

Der Wortgottesdienst am Sonntag

Das KG enthält an mehreren Stellen Ordnungen für die Feier von Wortgottesdiensten. Nach dem Kapitel «Die Feier des Sonntags» (KG 247ff), einer umfassenden liturgietheologischen und pastoralliturgi­schen Hinführung zum Sonntag, folgt in KG 250 «Der Wortgottesdienst am Sonntag». Demnach ist die Feierordnung des KG primär für den sonntäglichen Wortgottesdienst konzipiert, der an Stelle einer Euchari­stiefeier stattfindet. Allerdings wird in der Einleitung ebenso die Relevanz dieser Feierform für die Werktage ins Bewusstsein gehoben: «Die christliche Gemeinde lebt von der Versammlung der Gläubi­gen. Deshalb soll die Gemeinde auch an Werktagen zum Gebet und zum Hören des Wortes Gottes zu­sammenkommen, selbst wenn kein Priester anwesend sein kann». (250). Dahinter steckt das Anliegen, dass nämlich  von wirklichen Ausnahmen abgesehen  in jeder Gemeinde an jedem Tag ein Gottesdienst gefeiert werden soll. Wo eine Eucharistiefeier nicht möglich ist, eignen sich dafür beson­ders die Laudes am Morgen und die Vesper am Abend oder – unabhängig von der Tageszeit – Wortgottesdienste, die die biblische Verkündigung stärker in den Mittelpunkt rücken. Das KG fordert in der Einleitung zu Nr. 250, dass der Leiter oder die Leiterin einer solchen li­turgischen Versammlung für die Aufgabe ausgebildet und beauftragt sein muss.

Wortgottesdienst ohne Kommunionausteilung (KG 250)

Das Aufbaumodell des Wortgottesdienstes im KG übernimmt im Wesentlichen die Struktur des Wortgottesdienstes der Messe, erweitert jedoch die Gebetselemente und formt daraus einen eigenen Hauptteil der Feier. Nach einem Gemeindegebet, das als Wechselgebet gestaltet werden kann, folgen die Fürbitten, die ihrerseits wie in Laudes und Vesper mit dem Gebet des Herrn scliessen, so dass das Vaterunser das abschliessende Gebetselement wird. Die Kommunionausteilung ist in diesem Modell nicht vorgesehen. Die Strukturelemente «Eröffnung – Wort und Antwort – Gebet – Abschluss» sind  im KG detailliert entfaltet (S.308).

Der Wortgottesdienst mit Kommunion (KG 251)

Der Wortgottesdienst mit Kommunionausteilung am Sonntag wird unter Nr. 251 be­schrieben. Der Wortgottesdienst am Sonntag kann mit einer Kommunionfeier ver­bunden werden. Die Elemente sind weithin identisch mit dem Wortgottesdienst ohne Kommunionfeier; es findet jedoch eine Umstellung statt: Schuldbekenntnis und Vergebungsbitte werden aus der Eröffnung herausgenommen und an das Ende des Abschnitts «Wort und Antwort» gesetzt; auf diese Weise geht die Versöhnung mit Gott und mit den Menschen eine unmittelbare Einheit mit dem Frie­densgruss ein. Beide Elemente haben eine ähnliche Intention, so dass sich eine solche Zusammenziehung nahe legte; denn in beiden geht es um den Ausdruck des Eingeständnisses der eigenen Schuld und um den zeichenhaften Ausdruck der Versöhnungsbereitschaft gegenüber Gott und den Mitmenschen. Wenn dieses Element am Beginn der Feier steht, kommt stärker sein vorbereitender Aspekt auf die ganze Feier zur Geltung; wenn es am Ende von «Wort und Antwort» steht, wird deutlich, dass die Versöhnung und der Friede Christi Frucht der Verkündigung und der Aufnahme des Wortes Gottes sind; so vorbereitet, können die Gläubigen zum Empfang der Eucharistie hinzutreten. Diese Form des Bussritus mit dem anschliessenden Friedensgruss findet sich bereits im Messritus der Kirche von Zaire, der von Rom am 30.04.1998 approbiert wurde. Als Möglichkeit wird sie auch bei einer Reform des deutschsprachigen Missale gewünscht (E.Nagel (Hrsg.), Studien …1995, S.51)

Im Aufbaumodell Nr. 251 wird nach dem Gebetsteil die Eucharistie vom Taber­nakel auf den Altar übertragen. Besonderes Merkmal dieser Ordnung ist das darauf folgende Christuslob, an das sich das Vater unser und die Kommunioneinladung anschliessen. Als wichtiges Anliegen versucht das KG deutlich zu machen, dass Irritationen durch Hochgebet-ähnliche Formen zu vermeiden sind. Als Alternative empfiehlt es die neutestamentlichen die Christushymnen aus Kol 1,15-20 (KG 252.1), nach 1 Joh (KG 253.1), Eph 1,3-10 (254.1), und Phil 2,6-11 (KG 255.1), 1 Petr 1,3-7 (KG 256.1). Als Wechselgebeten eingerichtet werden sie jeweils von einem Leitvers eingerahmt. Die Vertonungen für den gesungenen Vollzug finden sich im Cantionale unter der gleichen Nummer. Weitere Christus-Gebete, die sich an dieser Stellegut eignen, verfasste H.Oosterhuis (KG 257). Bei aller Umsicht ist auf Dauer die Kommunionspendung ausserhalb der Messfeier nicht unproblematisch. Die theologischen und liturgischen Defizite, die dabei offenbar werden, könne die Eucharistie als Mahlfeier und die Vergegenwärtigung der Hingabe Christi am Kreuz schwer beeinträchtigen. Mehr und mehr wird dieses Problem erkannt und man versucht mit Aufklärung und Hilfen [1] vorzubeugen (G.Fuchs, Gepriesen bist du, Herr. Regensburg 2000). Vieles, was in den Grundmodellen paradigmatisch erläutert wird, findet eine Konkretisierung in den Wortgottesdiensten im Advent (ohne Kommunionausteilung, 316) und an Weihnachten (mit Kommunionausteilung, 360).

«Die Wortgottesfeier» der Bischofskonferenz

Parallel zur Entstehung des KG arbeitete eine «Kommission für die Wortgottesfeier der DOK» an einem Ritus für Wortgottesdienste (V.Huonder, Die Wortgottesfeier, SKZ 36/1997). Die von der DOK im März 1996 eingesetzte Kommission begann somit ihre Arbeit zu einem Zeitpunkt, da die Textbearbeitung des KG kurz vor dem Abschluss stand. Trotz verschiedener Bemühun­gen vor allem von Seiten der KG-Kommission um wechselseitige Informationen konnten beide Projekte nicht mehr vollends miteinander koordiniert werden. Somit haben die Bischöfe fast gleichzeitig zwei Riten approbiert, die nicht in allen Teilen deckungsgleich sind: Die Approbation des KG erfolgte am 10.10.1996, jene von «Die Wortgottesfeier» am 17.06.1997.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Grundmodell des Wortgottesdienstes

Das KG und die «Wortgottesfeier» kommen in dem Anliegen überein, qualifiziert zur Förderung der Vielfalt der Gottesdienstformen beizutragen. Ebenfalls ist es ein übereinstimmendes und wichtiges Ziel, durch ein klares Profil der Feierordnungen in beiden Büchern Vermischungen zwischen sonntägli­chem Wortgottesdienst und Eucharistiefeier entgegenzuwirken. Beide Ausgaben betonen die Notwendig­keit der Ausbildung von Wortgottesdienstleitern und ziehen ebenfalls die Feier eines Wortgottesdienstes am Sonntag der Teilnahme an der Eucharistiefeier in einer Nachbarpfarrei vor.

«Eine erste, nicht unerhebliche Differenz besteht aber bereits in der Terminologie. Während das KG den bisher gewohnten Begriff benutzt, hat man in dem liturgischen Buch mit dem Titel einen neuen Begriff geschaffen, der durch eine 1995 erschienene deut­sche Dissertation propagiert wurde; das Feierelement sollte dadurch unterstrichen und der Wortgottes­dienst am Sonntag an Stelle der Eucharistiefeier deutlicher von anderen Wortgottesdiensten abgesetzt werden» (M.Klöckener, Einführungstagung des KG im März 1998). Mit dem Begriff «mit Kommunionausteilung» an Stelle von «mit Kommunionfeier» wird im KG die Kommunionspendung andeutungsweise (aber bewusst) als Anhängsel ausgewiesen. Die DOK-Weisungen wünschen aufgrund berechtigter eucharistietheologischer Bedenken und einschlägiger Erfahrungen «die Wortgottesfeier und andere Wortgottesdienste in der Regel ohne Kommunion», und «alle Pfarreien (sind) zu unterstützen, die an der Wortgottesfeier ohne Spendung der Kommunion festhalten». Zwar enthält die «Wortgottesfeier» gegen Ende des Buches eine Ordnung mit Kommunionspendung, doch ist die Präfe­renz ohne Kommunion eindeutig.

Die Problematik der Eröffnung des Wortgottesdienstes

Der Beginn der Wortfeiern war urspünglich einfacher und zielstrebiger. Erst im Verlauf der Zeit haben sich weitere Elemente dazu gesellt, was liturgisch und musikalisch nicht immer von Vorteil war. Ein kurzer geschichtlicher Aufriss mag dies zeigen:

  • Phase 1: Kyrie – Oration.

Eine älteste Form scheint die Kombination Kyrie – Oration (Kollekte) zu sein. Eine Kyrielitanei, die auf dem Weg von der Stationskirche zur Hauptkirche oder bei einem grossen Einzug vom Volk mit dem Kyrie-Ruf beantwortet wurde, schloss mit der Oration.

  • Phase 2: Kyrie – Gloria – Oration

In besonders feierlichen Augenblicken fügte man zwischen Kyrie und Oration das Gloria. Es war nicht ungewöhnlich, an die Kyrielitanei volkstümliche Gebete oder Hymnen anzufügen.  Das Gloria zählte offenbar zu diesem Typ. Wie Papst Leo III und Karl der Grosse sich 799 begegneten, stimmte der Papst mit dem gesamten Klerus das Gloria an, das mit einer Oration des Papstes beschlossen wurde. Dies zeigt übrigens: Das Gloria war von Anfang nicht für die Messe bestimmt. Es hatte ursprünglich die Stellung des heutigen Te Deum. Der Bischof betete es in der Messe nur an Sonn- und Festtagen, die Priester nur an Ostern (nicht einmal an Weihnachten, – wie noch im 11.Jh.geklagt wir).

  • Phase 3: Prozessionsgesang – Kyrie – Gloria – Oration.

In feierlichen Papstliturgien zog mit dem Klerus eine geschulte Sängerschaft ein, die einen Psalm sang. Bei einem kleineren Einzug sang die Schola im Gottesdienstraum, während der Papst und der Klerus einzog. Auf der Höhe der Schola angelangt, gab der Papst das Zeichen zum „Gloria Patri“. Darauf konnte Kyrie – Gloria – Kollekte folgen. Den ganzen Vorgang nennt Amalar im 9.Jh. Introitus.

Nach der Jahrtausendwende entfällt der Einzug mehr und mehr. Dies hat mit dem Konventamt zu tun, das über Jahrhunderte die Messe schlechthin darstellt. Ihm ging die Terz voraus, der Klerus war also schon im Chorraum. Die Sakristei ist bereits im romanischen Kirchenbau nicht mehr neben dem Eingang zur Kirche, sondern neben dem Chorraum. Auch dies mindert die Bedeutung des Einzugs. Trotzdem wollte man nicht auf den Eröffungsgesang verzichten, – und so beginnt dieser in Rom bereits im 14.Jh. erst, wenn der Priester an den Stufen des Altars angelangt ist.

Auch der Psalm Judica,(Stufengebet) der zunächst auf dem Weg gesprochen wurde, wird an die Altarstufen verlegt. Das Confiteor als zweiter Teil des Stufengebetes erwächst ursprünglich einer schweigenden Anbetung des Papstes vor dem Altar, wird im 8.Jh. in der fränkischen Liturgie ein sich Niederwerfen vor dem Altar. Erst im 11.Jh. entsteht aus dem persönlichen Sündenbekenntnis ein Bekenntnis einer Mehrzahl.

Drei Stücke zwischen der zweiten und dritten Phase dieses Prozesses sind geschichtlich und seitens der Dramaturgie der Eröffnung sekundär: das Allgemeine Schuldbekenntnis, die Kyrierufe und das Gloria.

Um das eigentliche Ziel nicht zu verunklaren und die innere Dynamik der Eröffnung nicht zu sehr zu beeinträchtigen, sehen die Rubriken folgende Vereinfachungen vor:

  • Bussakt und Kyrie können zusammengelegt werden (AEM 30). Keine ideale Lösung, weil das Kyrie usprünglich keine Bitt-, sondern Huldigungsruf ist.
  • Kyrie entfällt, wenn zum Einzug Leisen gesungen werden.   
  • Bei festlichen Anlässen kann das Allgemeine Schuldbekenntnis und die Vergebungsbitte entfallen.
  • Das Gloria wird nurmehr an Sonntagen (ausser Advent und Fastenzeit) und Festen und Hochfesten gesungen.
  • Kommt ein Bussgedanke im Tagesgebet vor, kann das Allgemeine Schuldbekenntnis entfallen (Die Feier der Gemeindemesse S.323)

Begrüssung und Schuldbekenntnis entfallen, wenn andere Feiern vorausgehen:

  • Sonntägliches Taufgedächtnis
  • Osternacht
  • Taufe

Innerhalb der Messreform werden heute Lösungen diskutiert, die den Eröffnungsteil etwas entflechten könnten, so z.B. den von Rom anerkannten Ritus von Zaire. Hier wird der Bussakt an die Homilie angefügt, was psychologisch viel sinnvoller ist, weil dann wahrscheinlich die Offenheit für die Botschaft eher gewährleistet ist als am Anfang, wo man dafür noch wenig vorbereitet ist. Im Anschluss an die Vergebungsbitte folgt dann der Friedensgruss. Dies ist eine sehr gute Abfolge. Im Wortgottesdienst mit Kommunionausteilung folgt das KG (S.421) dieser Abfolge.

Walter Wiesli




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